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Der Fluch der Mannheit

Als ich dreizehn Jahre alt war,  fand ich  eines schönen Tages auf meinem Schreibtisch ein Büchlein mit dem schönen Titel "Der Fluch der  Mannheit" , verfasst von einem gewissen Henry Varley. Wie von Geisterhand war es dorthin gelangt, doch wenn ich nicht an Geister glauben wollte, musste ich annehmen, dass es meine Eltern dort klammheimlich deponiert hatten.

Bereits der Titel und  wenige Zeilen genügten, um mir einen eiskalten Schock durch die Glieder zu treiben und meine Wangen in siedend heißer Schamröte erglühen zu lassen. Ich überlasse es der Fantasie des Lesers, sich die Gefühle eines pubertierenden Jungen bei der weiteren Lektüre auszumahlen. Einige Tage später, als ich meine Lektüre auffrischen und ergänzen wollte, war das Heft ebenso geisterhaft, wie es aufgetaucht war, wieder verschwunden. Damit war das Thema abgehakt und wurde mit keinem Wort je wieder erwähnt.

Erst Jahre später wurde mir klar, was für eine beispiellose Sauerei mir damals widerfahren war. Es ist wohl keine Übertreibung, wenn ich feststelle, dass mir das, was zum Schönsten im Leben eines jungen Menschen gehört, nämlich die lustvolle Entdeckung der eigenen Sexualität, auf gröbste Weise flach geklopft wurde. Es war etwa so, als würde man jemandem, der in einem Schlemmerlokal vor einem lecker duftenden Menu sitzt, ohne Vorwarnung einen Kuhfladen auf den Teller klatschen!

Inzwischen scheint man sich dieser Kuhfladen im christlichen Lager eher zu schämen und möchte sie am liebsten stiekum begraben, ähnlich wie man heute die Kreuzzüge, Judenverfolgungen, Ablasshandel, Inquisition und Scheiterhaufen gerne ungeschehen machen würde.

Infolge dieser christlichen Sympathie mit einem Herren namens Alzheimer war es gar nicht so einfach, ein Exemplar jenes unsäglichen Pamphlets, das mir als Jüngling zur geistlichen Erbauung dienen sollte, aufzutreiben. Im Handel ist es schon lange  nicht mehr erhältlich und scheint nur noch in ganz wenigen Exemplaren in ganz  wenigen Universitätsbibliotheken zu existieren. In Köln, Bonn oder  Düsseldorf sucht man den Titel vergeblich. Nur in Göttingen und Bochum wurde ich fündig. In Bochum steht noch ein einzelnes Exemplar in der Präsenzbibliothek der Evangelisch Theologischen Fakultät.

Dort fertigte ich eine Kopie der Schrift an, wovon ich hier einen Teil veröffentliche, um dem Leser die Möglichkeit zu bieten, sich einen Eindruck von den guten alten christlichen Moralvorstellungen zu verschaffen.

Ich sehe hierin einen kleinen Beitrag dazu, nicht vergessen zu lassen, was das Christenrum der Menschheit angetan hat.